Was ist eine Business Roadmap? (Und wie man eine erstellt)

Lesezeit: 9 Minuten

Es ist Mittwochabend. Die Kinder sind endlich im Bett. Du hast zwei Stunden für dich.

Du bist motiviert. Du bist bereit.

Du öffnest deinen Laptop. Heute machst du endlich Fortschritte mit deiner Geschäftsidee.

Aber dann starrst du auf den leeren Bildschirm.

Was sollst du zuerst machen? Website bauen? LinkedIn-Profil optimieren? Ein Angebot erstellen? Kunden finden? Oder doch erst mal einen Businessplan schreiben?

Du googelst. Liest drei Artikel. Öffnest fünf Tabs. Jeder sagt was anderes.

Eine Stunde später: Du hast nichts Konkretes geschafft. Außer dich noch verwirrter zu fühlen als vorher.

F..k. Schon wieder.

Und während du frustriert den Laptop zuklappst, denkst du: „Andere schaffen das doch auch. Warum weiß ich verdammt noch mal nicht, wo ich anfangen soll?“

Du hast die Vision. Du hast die Idee. Du hast die Expertise. Du hast sogar schon ein paar Schritte im Kopf. Aber irgendwie fehlt dir das große Ganze. Der Zusammenhang. Die Struktur.

Und so bleibst du stecken. Nicht aus Faulheit. Sondern aus Orientierungslosigkeit.

Das Problem ist nicht deine Motivation

Die meisten Leute denken, ihr Problem sei mangelnde Motivation. Oder fehlende Zeit. Oder zu wenig Wissen.

Bullshit.

Ich kenne dich nicht persönlich. Aber ich wette, du hast:

  • Genug Motivation (sonst würdest du das hier nicht lesen)
  • Genug Zeit (wenn du ehrlich bist: 5–10 Stunden pro Woche gehen)
  • Genug Wissen (20+ Jahre Berufserfahrung zählen mehr als jedes Business-Buch)

Was dir fehlt, ist etwas anderes.

Dir fehlt ein System, das dir sagt: „Heute machst du das. Nächste Woche das. In drei Monaten bist du dort.“

Ohne dieses System rennst du im Kreis. Egal, wie motiviert du bist.

Ich kenne das Gefühl nur zu gut.

Roadmap schlägt Businessplan

2018 habe ich meinen ersten „professionellen“ Businessplan erstellt. 38 Seiten. Vollgepackt mit Zahlen, Grafiken, Analysen. Ich war stolz wie Oskar.

Das Ergebnis? Nach 6 Wochen lag er in der Schublade. Nutzlos.

Warum?

Weil ich nicht wusste, was ich am Montag machen sollte. Der Plan hatte mir das große Bild gezeigt. Aber nicht den nächsten konkreten Schritt.

Das ist wie eine Landkarte, die dir Europa zeigt. Toll. Aber welche Straße nimmst du jetzt nach München?

Hier der Unterschied:

Business PlanBusiness Roadmap
Braucht ewig zum ErstellenIst schnell erstellt
Statisches DokumentLebendiges Werkzeug
Fokus auf EndzielFokus auf Weg und Meilensteine
Erstellt vor dem StartEntwickelt sich während der Reise
Für Investoren und BankenFür dich
Antwort auf „Was“ und „Warum“Antwort auf „Wie“ und „Wann“

Versteh mich nicht falsch. Businesspläne haben ihren Platz. Wenn du einen Kredit brauchst oder Investoren überzeugen willst. Aber für dich? Als jemand, der nebenberuflich startet, mit begrenzter Zeit und Familie?

Du brauchst etwas anderes. Du brauchst eine Roadmap woraus klar hervorgeht, was du Tag für Tag machst.

Was eine Business Roadmap wirklich ist

Stell dir vor, du planst eine Alpenüberquerung. Du stehst in Österreich und willst nach Italien. Zu Fuß.

Option 1: Du studierst monatelang Wanderkarten, liest Bücher über Alpinismus, berechnest Höhenmeter und Wetterwahrscheinlichkeiten. Perfekte Vorbereitung. Aber du gehst nie los.

Option 2: Du nimmst eine Roadmap. Die zeigt dir:

  • Deine aktuelle Position
  • Das Endziel
  • Die wichtigsten Zwischenstationen (Hütten, Pässe)
  • Alternative Routen bei Schlechtwetter
  • Realistische Tagesetappen

Und dann? Du gehst los. Schritt für Schritt. Anpassung unterwegs inklusive.

Eine Business-Roadmap macht genau das für dein Vorhaben.

Eine Roadmap besteht aus vier Elementen:

1. Ausgangspunkt (Wo bin ich jetzt?)

  • Welche Ressourcen habe ich? (Zeit, Geld, Wissen, Netzwerk)
  • Welche Einschränkungen gibt es? (Job, Familie, Budget)
  • Was kann ich bereits? (Skills, Erfahrungen)

2. Ziel (Wo will ich hin?)

  • Nicht „erfolgreich sein“. Sondern konkret: „1.500 € Zusatzeinkommen pro Monat in 12 Monaten“
  • Oder: „5 zahlende Kunden in 6 Monaten“
  • Oder: „Mein erstes digitales Produkt launchen in 90 Tagen“

3. Meilensteine (Welche Zwischenziele muss ich erreichen?)

  • Monat 1: Nische validiert, 10 Gespräche geführt
  • Monat 3: Erstes Angebot erstellt, 3 Test-Kunden gewonnen
  • Monat 6: System steht, erste zahlende Kunden
  • Monat 12: Konstanter Umsatz, Prozesse automatisiert

4. Nächste Schritte (Was mache ich diese Woche?)

  • Montag: 3 LinkedIn-Posts vorbereiten
  • Mittwoch: 2 Kaltakquise-Mails verschicken
  • Freitag: Feedback von erstem Test-Kunden einholen

Siehst du den Unterschied? Eine Roadmap ist handlungsorientiert. Sie zeigt dir nicht nur das Ziel, sondern den Weg dorthin.

Die familienkompatible Roadmap

Die meisten Business-Ratgeber sind für 25-jährige Singles geschrieben. Leute, die 80 Stunden pro Woche arbeiten können. Die keine Kinder haben. Keinen Kredit. Keine Verpflichtungen.

Das bist nicht du. Das bin nicht ich.

Wir haben:

  • Einen Vollzeitjob (40-50 Stunden pro Woche)
  • Familie (Partner, Kinder, Verpflichtungen)
  • Begrenzte Energie (nach einem langen Arbeitstag)
  • Finanzielle Verantwortung (Kredit, Versicherungen, Lebenshaltungskosten)

Deshalb muss deine Roadmap das berücksichtigen.

Eine realistische Roadmap für Menschen mit Job und Familie rechnet mit:

  • 5–10 Stunden pro Woche (nicht 40)
  • Unvorhergesehenen Ereignissen (kranke Kinder, dringende Projekte im Job)
  • Langsamerem Fortschritt (aber dafür nachhaltig)
  • Pufferzonen (Wochen, in denen du gar nichts schaffst)

Das ist nicht pessimistisch. Das ist realistisch.

Und genau deshalb funktioniert es.

Wie du eine Roadmap in 3 Stunden erstellst

Vergiss mehrtägige Workshops. Hier ist die pragmatische Methode für Vielbeschäftigte.

Stunde 1: Klarheit über deine Ausgangslage (60 Minuten)

Nimm ein leeres Blatt Papier. Oder öffne ein Google Doc. Und beantworte ehrlich:

Ressourcen:

  • Wie viele Stunden pro Woche habe ich realistisch? (Nicht „könnte ich haben“, sondern „habe ich wirklich“)
  • Wie viel Startkapital kann ich investieren? (Ohne meine Familie zu gefährden)
  • Welches Wissen habe ich bereits?
  • Welches Netzwerk kann ich nutzen?

Einschränkungen:

  • Welche Fix-Termine habe ich? (Job, Familie, Verpflichtungen)
  • Wann ist meine produktivste Zeit? (Früh morgens? Abends? Wochenende?)
  • Was darf auf keinen Fall leiden? (Zeit mit Familie, Gesundheit)

Skills & Erfahrung:

  • Was kann ich bereits gut?
  • Wo habe ich 10+ Jahre Erfahrung?
  • Was würden meine Kollegen sagen, worin ich gut bin?

Wichtig: Sei brutal ehrlich. Keine geschönten Zahlen. Die Realität ist dein Freund, nicht dein Feind.

Stunde 2: Definiere Ziel und Meilensteine (60 Minuten)

Jetzt wird’s konkret.

Dein 12-Monats-Ziel:

Nicht: „Ich will erfolgreich sein“ Sondern: „Ich will in 12 Monaten 1.500 € Zusatzeinkommen pro Monat haben““

Oder: „Ich will in 12 Monaten 10 zahlende Stammkunden haben““

Konkret. Messbar. Realistisch.

Deine Meilensteine:

Arbeite rückwärts. Wenn dein Ziel „1.500 € in 12 Monaten“ ist:

  • Monat 12: 1.500 € monatlicher Umsatz mit 5–10 Kunden
  • Monat 9: 1.000 € monatlicher Umsatz, erstes wiederkehrendes Angebot
  • Monat 6: 500 € Umsatz, 3 zahlende Kunden, System steht
  • Monat 3: Erstes Angebot getestet, 2 Test-Kunden, Feedback eingeholt
  • Monat 1: Nische validiert, 10 Gespräche geführt, Problemverständnis geschärft

Siehst du das Muster? Jeder Meilenstein baut auf dem vorherigen auf.

Stunde 3: Nächste Schritte festlegen (60 Minuten)

Hier kommt der entscheidende Teil. Der Teil, den die meisten vergessen.

Was machst du diese Woche? Morgen? Heute?

Nimm deinen ersten Meilenstein (z.B. „Nische validiert, 10 Gespräche geführt“) und zerlege ihn in Wochenziele:

Woche 1:

  • 5 LinkedIn-Posts über mein Expertenthema
  • 3 persönliche Nachrichten an potenzielle Zielkunden
  • 1 Liste mit 20 Personen, die mein Problem haben könnten

Woche 2:

  • 2 erste Gespräche vereinbart
  • Gesprächsleitfaden vorbereitet
  • 5 weitere LinkedIn-Posts

Woche 3:

  • 5 Gespräche geführt
  • Feedback dokumentiert
  • Erste Hypothesen über das Hauptproblem

Woche 4:

  • 5 weitere Gespräche
  • Problem klar definiert
  • Erste Lösungsidee skizziert

Jeden Sonntag Abend nimmst du dir 30 Minuten. Schaust dir die nächste Woche an. Und blockierst die Zeiten in deinem Kalender.

Das ist keine Raketenwissenschaft. Aber genau deshalb funktioniert es.

Worksheet: Wie man eine Business Roadmap in 3 Stunden erstellt und auf Kurs hält

Die vollständigen Übungen, Templates und Schritt-für-Schritt-Anleitungen, wie du eine Business Roadmap erstellst und auf Kurs hältst, findest du im ergänzenden Worksheet zu diesem Artikel.

Die häufigsten Fehler

Fehler 1: Zu optimistisch

Klassiker. Du denkst: „Ich schaffe locker 20 Stunden pro Woche.“

Realität: Du schaffst 5.

Dann bist du frustriert. Weil du deine eigenen Ziele nicht erreichst. Und gibst auf.

Lösung: Rechne mit 50% von dem, was du denkst schaffen zu können. Wenn du glaubst, du hast 10 Stunden pro Woche, plane mit 5.

Fehler 2: Zu vage Meilensteine

„In 3 Monaten will ich sichtbarer sein.“ Was zur Hölle bedeutet das?

100 LinkedIn-Follower? 1.000? Oder einfach nur „mehr Posts“?

Lösung: Jeder Meilenstein muss messbar sein. „100 neue LinkedIn-Kontakte in relevanter Zielgruppe bis Ende März.“

Fehler 3: Keine Pufferzeit

Du planst jede Woche voll. Dann wird dein Kind krank. Oder du hast ein dringendes Projekt im Job. Oder du bist einfach nur erschöpft.

Ergebnis: Dein Plan fällt auseinander.

Lösung: Plane nur 4 produktive Wochen pro Monat. Die fünfte Woche ist Puffer. Wenn nichts dazwischenkommt, kannst du vorarbeiten. Wenn doch, hast du Luft.

Falls die Roadmap nicht funktioniert

Hier die gute Nachricht: Es ist völlig normal, dass deine erste Roadmap nicht perfekt ist.

Ich habe meine erste Roadmap dreimal komplett überarbeitet.

Version 1: Viel zu ambitioniert. Ich wollte in 3 Monaten einen Online-Kurs launchen. Mit Vollzeitjob und zwei kleinen Kindern. Lächerlich.

Version 2: Zu vage. „Mehr Sichtbarkeit“ und „Netzwerk aufbauen“. Klang gut. Bedeutete nichts.

Version 3: Realistisch. Konkret. Familienkompatibel. Hat funktioniert.

Woran merkst du, dass deine Roadmap angepasst werden muss?

  • Du erreichst 3 Wochen in Folge deine Wochenziele nicht
  • Die Meilensteine fühlen sich unerreichbar an
  • Du merkst, dass deine Annahmen falsch waren
  • Etwas Fundamentales in deinem Leben ändert sich (neuer Job, Kind, Umzug)

Was dann?

Nicht: Von vorne anfangen.

Sondern: Anpassen.

Nimm deine Roadmap. Und frag dich:

  • Waren meine Zeitschätzungen realistisch? (Wenn nein: Zeithorizont verdoppeln)
  • Sind die Meilensteine noch sinnvoll? (Wenn nein: neu definieren)
  • Hat sich meine Priorität geändert? (Wenn ja: Ziel anpassen)

Dann machst du weiter. Mit der angepassten Version.

Das ist kein Scheitern. Das ist Navigation.

Warum eine Roadmap besser ist als Motivation

Motivation ist wie das Wetter. Manchmal ist sie da. Meistens nicht.

Eine Roadmap funktioniert auch an Tagen, an denen du keine Lust hast. Weil sie dir genau sagt, was zu tun ist.

Du musst nicht nachdenken. Du musst nicht entscheiden. Du musst nicht motiviert sein.

Du schaust einfach auf deine Roadmap. Und machst den nächsten Schritt.

Montag Abend, 20:30 Uhr. Die Kinder sind im Bett. Du bist müde. Der Tag war anstrengend.

Ohne Roadmap: Du scrollst durch LinkedIn. Oder Netflix. Oder beides.

Mit Roadmap: Du öffnest dein Dokument. Siehst: „3 LinkedIn-Nachrichten verschicken“. Brauchst 15 Minuten. Fertig. Abhaken.

Das Gefühl danach? Verdammt gut.

Weil du Fortschritt siehst. Auch wenn du müde bist. Auch wenn die Motivation fehlt.

Einfach weil es voran geht.

Fazit: Deine Roadmap ist dein unfairer Vorteil

Wenn du bis hierhin gelesen hast, gehörst du zu den wenigen, die verstanden haben:

Der Unterschied zwischen Träumen und Umsetzen ist nicht Motivation. Nicht Talent. Nicht Glück.

Es ist ein funktionierendes System.

Deine Business Roadmap ist dieses System.

Sie zeigt dir:

  • Wo du stehst.
  • Wo du hinwillst.
  • Wie du dorthin kommst.
  • Was du diese Woche tust.

Und das Beste: Sie passt sich an. Sie entwickelt sich mit dir.

Die Frage ist nicht, ob du eine Roadmap brauchst.

Die Frage ist: Wann du deine Roadmap erstellst?

Du kennst die Antwort.

Worksheet: Wie man eine Business Roadmap in 3 Stunden erstellt und auf Kurs hält

Deine 20+ Jahre Erfahrung sind zu wertvoll, um weiter ohne Richtung zu navigieren.

Eine Roadmap ist nicht perfekt. Aber sie ist gut genug, um zu starten. Und Starten schlägt Perfektionieren. Immer.

Die vollständigen Übungen, Templates und Schritt-für-Schritt-Anleitungen, wie du eine Business Roadmap erstellst und auf Kurs hältst, findest du im ergänzenden Worksheet zu diesem Artikel.

Worksheet Inhalt:

  • Übung 1: Business Roadmap in 3 Stunden erstellen
    Du erstellst deine vollständige Business Roadmap für die nächsten 12 Monate. Aufwand: 3 x 60 min.
  • Übung 2: Der wöchentliche Roadmap-Check
    Mit dem wöchentlichen Check sicherstellen, dass du auf Kurs bleibst und die Roadmap rechtzeitig anpasst.
    Aufwand: 30 min.
  • Übung 3: Überprüfung Meilensteine (monatlicher Deep-Dive)
    Validiere einmal im Monat deine Meilensteine, ob sie noch sinnvoll sind und du nicht in die falsche Richtung läufst.
    Aufwand: 60 min.
  • Übung 4: Ist meine Roadmap familientauglich?
    Gestalte deine Business Roadmap so, dass sie familienkompatibel ist und bleibt.
    Aufwand: 45 Minuten (einmalig + monatliche Reviews)

Du lernst:

✔️ Wie du deine verfügbare Zeit realistisch einschätzt (ohne dich zu überfordern)

✔️ Wie du ein 12-Monats-Ziel in konkrete Wochenziele zerlegst (die du tatsächlich erreichen kannst)

✔️ Wie du erkennst, wann du deine Roadmap anpassen musst (bevor du Monate verschwendest)

✔️ Wie du deine Business-Aktivitäten familienkompatibel gestaltest (ohne schlechtes Gewissen)

✔️ Wie du auch an unmotivierten Tagen Fortschritt machst (weil du genau weißt, was zu tun ist)

✔️ Wie du monatlich überprüfst, ob du noch auf dem richtigen Weg bist (oder korrigieren musst)

Das Ziel: In 3–4 Stunden hast du eine funktionierende Roadmap. In ein paar Monaten hast du messbare Ergebnisse.

Lernen durch Machen.