Du sitzt vor deinem Laptop. Zum fünften Mal diese Woche googelst du „die profitablesten Nischen 2025“ oder “Geschäftsideen mit hohem Potenzial“.
Das Ergebnis ist immer das Gleiche: KI-Tools, Online-Kurse, Dropshipping, Social-Media-Beratung, Fitness-Coaching.
Alles wirkt übersättigt. Alles haben schon tausend andere gemacht. Und du fragst dich: „Wo zur Hölle ist da noch Platz für mich?“
Ich kenne das Gefühl.
Nach 15 Jahren in der Branche kann ich dir sagen:
Du suchst am falschen Ort.
Warum du deine Nische so nicht findest
Die meisten Business-Ratgeber erzählen dir: „Finde eine profitable Nische und verkaufe dort deine Dienstleistung.“
Das Problem? Sie haben die Reihenfolge vertauscht.
Du sollst nicht erst eine Nische suchen und dann schauen, was du dort verkaufen kannst. Das ist wie ein Puzzle zu kaufen, ohne zu wissen, ob alle Teile überhaupt zusammenpassen.
Die richtige Reihenfolge ist:
- Was kannst du besser als 90 % der Menschen? (Deine Expertise)
- Wer braucht genau das? (Deine Zielgruppe)
- Was ist deren größtes Problem? (Dein Angebot)
Nicht andersherum.
Warum „profitable Nischen“ ein Mythos sind
„Aber Alex, ich habe gelesen, dass der Markt für XYZ boomt. Sollte ich nicht dort einsteigen?“
Nein.
Hier ist das Problem mit dieser Denkweise: Ein wachsender Markt bedeutet nicht automatisch, dass du dort profitabel sein wirst. Weißt du, was passiert, wenn du in einen boomenden Markt ohne echte Expertise einsteigst?
Du wirst einer von tausenden, austauschbaren Anbietern.
Deine Zielgruppe wird dich ignorieren, weil sie spürt, dass du nur auf den Trend aufgesprungen bist. Du wirst dich im Preiswettbewerb wiederfinden. Und du wirst ausbrennen, weil dir die echte Leidenschaft für das Thema fehlt.
Ich habe es selbst erlebt. 2017 wollte ich mit E-Commerce durchstarten. Warum? Weil alle davon redeten. Das Ergebnis? 8 Monate verschwendete Zeit und 4.000 € in den Sand gesetzt.
Was war das Problem? Ich hatte keine echte Ahnung von E-Commerce. Ich hatte kein Interesse daran. Ich war nur am Erfolg interessiert, nicht am Weg dorthin. Oder anders gesagt, ich war einfach nur gierig.
Der unfaire Vorteil, den du bereits hast
Mit 35+ hast du etwas, worum dich jeder 25-jährige Gründer beneiden würde:
20 Jahre praktische Problemlösung in einem spezifischen Bereich.
Du hast Situationen gemeistert, über die andere nur theoretisch nachdenken. Du hast Fehler gemacht und daraus gelernt. Du kennst die versteckten Herausforderungen, die in keinem Lehrbuch stehen.
Das ist deine Nische.
Nicht „Social-Media-Marketing“. Sondern: „LinkedIn-Strategie für Maschinenbau-Unternehmen im DACH-Raum, die traditionell keine Ahnung von Social Media haben.“
Nicht „Business Coach“. Sondern: „Business-Systeme für deutschsprachige 35+ mit Vollzeitjob und Familie, die nebenberuflich aus ihrem Wissen ein Zusatzeinkommen für ein erfülltes Arbeiten und Leben machen wollen.“
Nicht „Finanzen“. Sondern: “Steueroptimierung für österreichische Einzelunternehmer mit Nebeneinkommen zwischen 20.000 und 50.000 €.“
Siehst du den Unterschied?
Finde deine Nische in 90 Minuten
Vergiss komplizierte Business-Modelle. Hier ist eine pragmatische Methode:

Kreis 1: Was du gut kannst
Nimm dir 30 Minuten Zeit und schreibe die Antworten auf:
- Was mache ich seit mindestens 5 Jahren beruflich?
- Bei welchen Problemen fragen mich Kollegen um Rat?
- Welche beruflichen Situationen meistere ich, während andere scheitern?
- Welche Fehler habe ich gemacht, die andere vermeiden sollten?
Schreib alles auf. Keine Selbstzensur. Alles, was dir einfällt. Frei heraus.
Wichtig: „Expertise“ heißt nicht, dass du der weltbeste Experte sein musst. Es reicht, wenn du besser bist als 9 0% der Menschen. Das ist deine Ausgangsposition.
Kreis 2: Was andere brauchen
Nimm dir 30 Minuten Zeit und schreibe die Antworten auf:
- Welche Fragen bekommst du ständig gestellt? (Von Kollegen, in deinem Netzwerk, auf LinkedIn)
- Welche Herausforderungen siehst du täglich in deiner Branche?
- Wo versagen bestehende Lösungen?
- Wofür geben Menschen in deinem Bereich bereits Geld aus?
Die Realität: Wenn niemand für ein Problem zahlt, ist es kein echtes Problem. Es ist ein Nice-to-have.
Kreis 3: Was in dein Leben passt
Die letzten 30 Minuten sind die Wichtigsten. Sei bitte ehrlich zu dir selbst. Schreibe die Antworten auf::
- Welche Zielgruppe verstehst du wirklich? (Alter, Lebenssituation, Werte)
- Mit wem willst du die nächsten 5 Jahre arbeiten?
- Was passt in deinen Alltag mit Job und Familie?
- Welche Art von Arbeit gibt dir Energie, statt dich auszulaugen?
Das ist keine Motivations-Frage. Das ist eine Überlebens-Frage.
Wenn du eine Nische wählst, die nicht zu deinem Leben passt, wirst du scheitern. Nicht weil du unfähig bist, sondern weil du es auf Dauer nicht durchhältst.
Die Überschneidung: Deine profitable Nische
Nimm deine drei Listen und such die Überschneidungen:
Deine Nische liegt dort, wo sich alle drei Kreise treffen.
Nicht zwei. Nicht nur einer. Alle drei.
Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung:
- Kreis 1: Ich habe 15+ Jahre Erfahrung in Produktmanagement und Strategieentwicklung.
- Kreis 2: Menschen über 35 mit Job wollen nebenberuflich ein Business aufbauen, haben aber kein System dafür.
- Kreis 3: Ich verstehe diese Zielgruppe, weil ich selbst dort war. Ich kann abends und am Wochenende arbeiten.
Meine Nische: Business-Systeme für deutschsprachige 35+ mit Vollzeitjob, die nebenberuflich starten wollen, ohne ihr Leben auf den Kopf zu stellen.
Das ist spezifisch. Das ist ehrlich. Und ja, das funktioniert.
Teste, wie die Nische für dich funktioniert
Mach den Schnelltest, ob deine Nische profitabel ist. Dann gehst du 30 Tage lang in die Praxis: Gespräche führen, Angebot testen, erste Kunden gewinnen. Nach einem Monat hast du Klarheit statt Theorie. Das ist dein verlässlicher Kompass.
Für den Test brauchst du maximal 5-6 Stunden pro Woche. Das sollte neben deinem Vollzeitjob machbar sein.
Die Angst vor einer zu engen Nische
„Aber Alex, wenn ich mich so spezialisiere, schließe ich doch 90 % des Marktes aus?“
Ja, genau. Das ist der Plan.
Was passiert, wenn du deine Nische nicht eng genug definierst. Oder anders formuliert, zu unspezifisch:
Nische zu breit definiert (generisch):
- Du sprichst alle an → Niemand fühlt sich wirklich angesprochen.
- Deine Marketing-Botschaft ist generisch → Du gehst in der Masse unter.
- Potenzielle Kunden fragen sich: „Versteht der wirklich mein Problem?“
- Du konkurrierst mit tausenden anderen bzgl. Preis.
Nische eng genug definiert (spezialisiert):
- Die richtigen Menschen erkennen sofort: „Das ist für mich“.
- Deine Expertise ist offensichtlich und relevant.
- Du kannst deutlich höhere Preise verlangen.
- Empfehlungen kommen automatisch, weil klar ist, für wen du arbeitest.
Beispiel: Ein Marketing-Berater ist austauschbar (generisch). Ein „LinkedIn-Ghostwriter für deutsche Anwaltskanzleien“ nicht (spezialisiert). Siehst du den Unterschied?
Die Fehler, die ich gemacht habe (damit du sie nicht machen musst)
Fehler 1: Ich will alle bedienen
2018 war ich ‚Digitalisierungsexperte für KMUs‘. Was zur Hölle bedeutete das überhaupt?
Ergebnis: Niemand hat mich ernst genommen. Zu vage, zu generisch.
Lektion: Wenn du versuchst, alle zu bedienen, bedienst du niemanden richtig.
Fehler 2: Trend-Jäger
2020 wollte ich plötzlich „Remote-Work-Consultant“ werden. Weil Corona, weil hot topic, weil alle darüber gesprochen haben..
Ergebnis: Ich hatte keine echte Erfahrung damit. Meine Inhalte waren oberflächlich. Ich klang wie alle anderen.
Lektion: Trends jagen funktioniert nicht, wenn du keine echte Substanz hast.
Fehler 3: Zu kompliziert
Zwischendurch dachte ich: „AI-gestützte Produktentwicklung für mittelständische SaaS-Unternehmen im B2B-Segment.“
Ergebnis: Niemand hat verstanden, was ich mache. Ich hab 10 Minuten gebraucht, um es zu erklären.
Lektion: Wenn du deine Nische nicht in einem Satz erklären kannst, ist sie zu kompliziert.
Falls die Nische nicht funktioniert: Anpassen statt aufgeben!
Keine Sorge, die erste Definition wird wahrscheinlich nicht perfekt sein.
Und das ist völlig ok.
Ich habe meine Nische dreimal angepasst, bevor ich die richtige Positionierung gefunden habe:
- Version 1: „Digitalisierung und KI für KMUs“ (zu vage)
- Version 2: „Produktstrategie für Tech-Startups“ (zu weit weg von meiner Realität)
- Version 3: „Business-Systeme für 35+ mit Job und Familie“ (genau richtig)
Der Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ist nicht, die perfekte Nische beim ersten Versuch zu finden.
Der Unterschied ist deine Bereitschaft, sie anzupassen.
Wann du die Nische anpassen solltest:
- Nach 3 Monaten hast du weniger als 3 zahlende Kunden.
- Die Gespräche mit Interessenten laufen ins Leere.
- Du merkst, dass die Zielgruppe kein Budget hat.
- Die Arbeit fühlt sich wie eine Qual an.
Was du am besten dabei anpasst:
Nicht alles auf einmal. Ändere jeweils nur eine „Variable“:
- Engere oder weitere Zielgruppen-Definition.
- Anderes Problem adressieren.
- Anderen Lösungsansatz wählen.
Beispiel:
Statt “LinkedIn-Strategie für alle Selbstständigen“ (zu breit) → “LinkedIn-Strategie für Unternehmensberater über 45“ (spezifischer).
Warum eine Spezialisierung gut ist
Je spezialisierter du bist, desto weniger Konkurrenz hast du. Und desto höher sind deine Preise.
Generalist:
- Stundensatz: 50-80 €
- Marketing-Botschaft: “Ich kann vieles.“
- Kundenreaktion: “Warum sollte ich dich nehmen?“
Spezialist:
- Stundensatz: 150-300 €
- Marketing-Botschaft: “Ich löse genau dein Problem.“
- Kundenreaktion: “Endlich jemand, der mich versteht.“
Hier ist die Rechnung:
Als Generalist brauchst du 40 Stunden á 50 € für 2.000 € Zusatzverdienst. Als Spezialist brauchst du 10 Stunden á 200 € für 2.000 € Zusatzverdienst.
Was ist realistischer, mit Job und Familie?
Die harte Wahrheit zum Schluss
Deine perfekte Nische findest du nicht durch Nachdenken.
Du findest sie durch Handeln, Testen, Anpassen. Lernen durch Machen.
Die meisten Menschen verbringen Monate damit, die „perfekte“ Nische zu finden. Sie lesen Bücher, schauen YouTube-Videos, machen Online-Kurse.
Und dann? Nichts.
Weil sie nie den ersten Schritt machen.
Hier ist meine Herausforderung an dich.
Du hast jetzt zwei Optionen:
Option 1: Du findest diesen Artikel „interessant“, bookmarkst ihn vielleicht, und machst genauso weiter wie bisher. In 6 Monaten googelst du wieder „profitable Nischen“ und bist immer noch am selben Punkt.
Option 2: Du machst die Übung „Finde deine Nische in 90 Minuten“ heute Abend. Morgen führst du die Tests durch. In 7 Tagen hast du deine erste Definition deiner Nische und erste, echte Gespräche vereinbart.
Welche Option wählst du?
Deine 20+ Jahre Erfahrung sind zu wertvoll, um weiter nach der „perfekten“ Nische zu suchen.
Deine Nische wartet nicht auf dich. Sie entsteht durch dein Machen.
Dein Aktionsplan
Schluss mit Theorie.
Hier ist, was du in der nächsten Woche tun wirst:
Tag 1–2: Finde deine Nische in 90-Minuten
Mach die Übung. Schriftlich. Keine Ausreden.
Tag 3: Bring deine Nische auf den Punkt (1 Stunde)
Schreib einen Satz: “Ich helfe [spezifische Zielgruppe] dabei, [spezifisches Problem] zu lösen, sodass [gewünschtes Ergebnis].“
Beispiel: “Ich helfe Menschen über 35 mit Vollzeitjob und Familie dabei, sich nebenberuflich etwas aufzubauen, sodass sie ein erfülltes Arbeiten und Leben haben.“
Der Praxis Test für deine Nische
Tag 4: Realitäts-Check: Ist deine Nische profitabel? (2 Stunden)
Schön, du hast eine Nische gefunden.
Aber funktioniert sie auch?
Finde heraus ob deine Nische profitable ist. Führe die 5 Praxis-Tests durch und dokumentiere die Ergebnisse. Diese Dokumentation hilft dir für den nächsten Test.
ab Tag 5: Der Praxis Test: 30 Tage lang, mit echten Kunden (4 Wochen, neben deinem Job)
Jetzt wird’s ernst. Die Tests waren positiv.
Bravo. Du hast deine Nische gefunden.
Bevor du kündigst, eine Website baust oder Visitenkarten drucken lässt. Validiere deine Nische mit echten Menschen. Nicht mit deiner Fantasie.
Nur so lernst du über deine Nische und schaffst dir eine optimale Ausgangslage. Echte Gespräche schlagen jede Theorie und sind dein verlässlicher Kompass.
Für den Test brauchst du maximal 5-6 Stunden pro Woche. Das sollte neben deinem Vollzeitjob machbar sein.