Raus aus dem Zuschauer-Dilemma

Lesezeit: 7 Minuten

Es passiert ja meistens abends. Du scrollst durch LinkedIn und siehst wieder einer dieser Posts: „Diesen Monat habe ich 15.000€ gemacht“, „Endlich gekündigt und selbstständig“, „Mein erstes 6-stelliges Jahr als Coach“ usw.

Und dann kommt das das Gefühl, das du sicher schon kennst. Eine Gefühl mit einer Mischung aus Bewunderung, Neid und … Frustration.

Du denkst dir: „Das würde ich auch gerne machen. Eigentlich weiß ich sogar, wie es geht. Ich habe 20+ Jahre Berufserfahrung, kenne die Branche, habe ein Netzwerk…“

Aber dann: Frustriert klappst du das Handy zu und machst dich zu deiner Lieblingsserie bei Netflix und Co. auf. Schließlich ist ja die spannende Geschichte vom letzten Mal noch nicht zu Ende. Dem zu erwarteten Dopamin-Kick sei Dank, dein Finger klicke wir von Geisterhand auf Play. Entspannung macht sich breit. Zurück in der gewohnten Welt. Zurück zum „Eines Tages fange ich damit an. Aber nicht heute …“.

90% bleiben im Zuschauer-Dilemma stecken

Du bist nicht allein.

Für viele Jahre war auch ich ein Zuschauer in der Welt der Unternehmer. Jahre lang hab ich auf Social Media verfolgt, wie andere ihre Marken aufbauen und zu erfolgreichen Unternehmen machen. Ich war gefühlt hautnah und live dabei. Als Zuschauer auf der Tribüne.

Fakt ist: 9 von 10 träumen vom eigenen Business. Fangen aber nie an.

Bist du einer davon?

Das merkst du ganz einfach daran:

  • Du kennst die Erfolgsgeschichten anderer besser als deine eigenen Möglichkeiten.
  • Du folgst vielen Business-Accounts, hast aber selbst noch nie gepostet.
  • Deine gebookmarkten Business-Tipps sammeln sich wie digitaler Staub.
  • Du sagst dir seit mehreren Jahren „Ich bin noch nicht so weit“.

Die Ironie dabei: Während du zuschaust und lernst, bauen andere mit weit aus weniger Erfahrung als du das Unternehmen auf, von dem du träumst.

Was Zuschauen kostet

Lass uns mal rechnen. Nicht mit Euros, sondern in einer Business-Währung, auf die es ankommt.

Verschenkte Praxis-Jahre

Jedes Jahr als Zuschauer = ein verlorenes Jahr praktischer Erfahrung als Unternehmer. Während du planst und träumst, sammeln andere echte Marktkenntnisse.

Der spürbare Dominoeffekt

  • Nach 1 Jahr Zuschauen: „Ich lerne noch“
  • Nach 3 Jahr Zuschauen: „Der Markt ist übersättigt“
  • Nach 5 Jahr Zuschauen: „Ich bin zu alt“
  • Nach 10 Jahr Zuschauen: „Hätte ich bloß mal …“

Die kulturelle Perfektionsfalle

Unsere kulturelle „Gründlichkeit“ ist hier nachteilig. Während wir den perfekten Businessplan erstellen, starten die Amerikaner mit einer simplen Landing Page und machen in 6 Monaten mehr Umsatz, als unsere Finanzplan in 2 Jahren vorausgesagt hätte.

Autsch.

Was andere in der Zeit erreichen

Wie das Beispiel von Erwan Lier zeigt, kann sich ein ganzes Leben in nur 60 Tagen ändern, wenn man sich endlich entscheidet, aktiv zu werden anstatt weiter als Zuschauer auf der Tribüne auszuharren.

Während du zuschaust:

  • Gründen andere ihr erstes Unternehmen
  • Bauen sich ihr Netzwerk auf
  • Sammeln zahlende Kunden
  • Lernen aus echten Fehlern statt theoretischen

Rückblick mit 65: Stell dir vor, du sitzt mit 65 am Küchentisch. Was bereust du mehr:

  • Dass du es versucht hast und gescheitert bist?
  • Oder dass du es nie versucht hast?

Lt. Statistik: Bereuen es 80% der Menschen mit 65+, dass die ihre Chancen NICHT ergriffen haben. Nur 20% bereuen die Risiken, die sie eingegangen sind.

Zu welchen Menschen willst du gehören?

Der versteckte Preis für die Familie: Du denkst, mit Zuschauen schützt du deine Familie? Leid das Gegenteil der Fall. Weil damit lernst du deinen Kindern:

  • Träume sind zum Träumen. Nicht zum Verwirklichen.
  • Gehe immer auf Nummer sicher, als mal mutig zu sein.
  • Lieber einen fremdbestimmten Job haben, als finanzielle Freiheit.

Vom Zuschauen ich habe die Nase voll

2019 saß ich in einem Wiener Café. Wieder einmal durch LinkedIn scrollen. Ein Bekannter aus meiner alten Firma hatte gerade sein Consulting-Business auf 200.000€ Jahresumsatz skaliert.

Mein erster Gedanke: „Glückwunsch! Toll gemacht!“

Mein zweiter Gedanke: „Das hätte ich auch gekonnt.“

Mein dritter Gedanke: „Warum mache ich es dann nicht? F..k“

Als sich mein mentale Schluckauf wieder gelegt hatte, kam die ernüchternde Wahrheit: Ich war gelähmt von Angst. Angst vor Spott, Schadenfreude und peinlicher Blamage.

  • „Was, wenn meine Kollegen das sehen?“
  • „Was, wenn ich scheitere und dann alle sagen Ich hab’s doch eh gewusst?“
  • „Was, wenn ich nicht gut genug bin?“
  • „Was, wenn das am Markt niemand haben will?“

Aus Angst wird Klarheit

Angetrieben von der Idee, meinen Ängsten entgegen zu treten, habe ich alle meine Befürchtungen aufgeschrieben. Ergänzt habe ich das mit einer rationale Antwort oder einen Weg, wie ich diese Ängste überwinden kann. Das hat mir ein Verständnis über meine Ängste und die nötige Klarheit verschafft:

AngstRealität
„Jemand wird mich online kritisieren“„Für jeden, der etwas Gemeines sagt, werden 99 Menschen etwas Freundliches sagen“
„Ich habe keine einzigartige Expertise“„Meine spezifische Kombination aus Erfahrungen ist einzigartig“
„Der Markt ist übersättigt“„Übersättigt mit schlechten Lösungen. Meine 15 Jahre Erfahrung machen der Unterschied.“
„Ich sollte bei dem bleiben, was sicher ist“„Sicherheit entsteht durch eigene Kontrolle, nicht durch Abhängigkeit“

Dies Klarheit hat mir die Freiheit und Motivation gegeben, um mit dem nächste Schritt loszulegen.

Learnings von meiner X (Twitter) Challenge

Ich habe mir vorgenommen, für 90 Tage zweimal täglich auf X zu posten. Raus aus dem Zuschauer-Dilemma, rein ins Spiel. Lernen durch Machen.

Die Challenge: 90 Tage, täglich 2x Posts auf X (vormals Twitter).

Das Ergebnis nach 90 Tagen: Je klarer ich mir während der 90 Tage über meine Zielgruppe wurde, desto besser haben ich ihre Probleme verstanden und konnte mehr und mehr in meinen Posts darauf eingehen.

Learnings:

  • Durchhalten zahlt sich aus: Mein erfolgreichster Post hat über 10.000 Menschen erreicht. Organisch versteht sich. Nur weil ich drangeblieben bin.
  • Sprache macht den Unterschied: Ich habe auf Englisch gepostet, weil ich die ganze Welt erobern wollte. Großer Fehler. Deutsch wäre viel besser und vor allem authentischer für meine Zielgruppe gewesen.
  • Timing ist alles: Die besten Posting-Zeiten ändern sich je nach Wochentag, Feiertagen, Ferien und sogar dem Wetter. Eh logisch.
  • Systeme sparen Zeit: Ich habe ein Content-Framework entwickelt und Teile von meinem Prozesses automatisiert. Macht’s wesentlich einfacher.
  • Content wird zur Bibliothek: 180 Posts aus unterschiedlichen Blickwinkeln ergeben ein komplettes Repertoire an Statements und Perspektiven zu meinem Thema.
  • Und das Beste: Meine ganzen Ängste waren völlig unbegründet.

Von nun an Spielmacher, statt Zuschauer

Hier ist die Wahrheit, die dir niemand sagt: Mit 35+ ist es nicht zu spät. Es ist der perfekte Zeitpunkt.

Warum?

25-jährige haben:

  • Energie und Zeit
  • Wenig zu verlieren
  • Risikobereitschaft

Dafür haben Menschen mit 35+:

  • 20 Jahre Erfahrung und Problemlösungsfähigkeiten
  • Ein gewachsenes, berfuliches Netzwerk
  • Finanzielle Stabilität für strategische Entscheidungen
  • Klarheit über Werte und Prioritäten
  • Reputation und Glaubwürdigkeit in ihrer Branche

Nicht schlecht, oder?

Der härteste Gegner: Innere Einwände

Einwand 1: Ich hab keine Idee“
Antwort: Ideen sind überbewertet. Probleme lösen ist alles. Schau, was dich täglich nervt. Das sind deine ersten Geschäftschancen.

Einwand 2: Der Markt ist übersättigt
Antwort: Übersättigt mit schlechten Lösungen. Deine 20+ Jahre Erfahrung machen den Unterschied zwischen ‘noch einem Anbieter’ und ‘endlich einer, der es versteht’.

Einwand 3: „Ich hab keine Zeit“
Antwort: Du hast Zeit zum Zuschauen, aber nicht zum Machen? Echt jetzt? 2 Stunden weniger Netflix = 14 Stunden Business pro Woche. Das reicht für den Anfang.

Einwand 4: „Was, wenn es schief geht?
Antwort: Was ist, wenn du mit 65 bereust, es nie versucht zu haben? Das Risiko des Nichtstuns ist größer als das Risiko des Handelns.

Einwand 5: „Ich bin kein Verkäufer
Antwort: Du verkaufst schon und das täglich. Ideen an deinen Chef, Lösungen an dein Team, dich selbst in Bewerbungsgesprächen. Der nächste Schritt ist kleiner als gedacht. Der ehrliche Verkauf von echten Lösungen. Das ist Business machen.

Mach den ersten Schritt

Du kannst ewig über das Anfangen lesen, davon träumen, perfekte Pläne schmieden. Aber nichts davon bringt dich weiter als dieser erste, wichtige Schritt: Endlich loszulegen.

Stopp. Jetzt wird nicht mehr gelesen. Jetzt wird gehandelt.

Mach in den nächsten 48 Stunden die EINE Aktion, die dich aus dem Zuschauer-Dilemma befreit.

Entscheide dich für eine Option und leg los:

Option 1: Frage stellen
Schreibe 5 Personen aus deinem Netzwerk über LinkedIn an: „Hi [Name], du kennst mich als [deine Rolle]. Aber mich würde interessieren: Was ist aktuell dein größtes Problem bei [dein Expertenthema]?“ Abschicken. Jetzt.

Option 2: Meinung teilen
Erstelle deinen ersten LinkedIn-Post über deine größte berufliche Lektion: „Nach 20+ Jahren in [Bereich] habe ich gelernt: [deine wichtigste Erkenntnis].“ Poste es. Heute.

Option 3: Markt erkunden
Recherchiere 30 Minuten lang mit Google und deiner KI: „[dein Expertenbereich] + Beratung + [deine Stadt]“. Was findest du? Wer sind deine potenziellen ‘Konkurrenten’? Was machen sie schlecht?

Option 4: Kontakte knüpfen
Melde dich für ein Networking-Event in deiner Branche an. Nicht planen. Anmelden. Bezahlen. Termin in Kalender.

Die öffentliche Ansage

Kommentiere auf deinem Social Media Profil:
„Liebe MITSPIELER – ich mache [deine gewählte Aktion] bis [Datum]“

Warum öffentlich? Öffentliche Rechenschaftspflicht motiviert und hält dich auf Kurs. Du wirst überrascht sein, wie viele andere dasselbe durchmachen und dich unterstützen werden.

Was dann passiert

Nach 48 Stunden wirst du es deutlich spüren. Das Gefühl, etwas GETAN statt nur GELESEN zu haben, ist unbeschreiblich. Glaub mir, du wirst mehr von diesem Gefühl haben wollen.

Das Leben spielt sich auf dem Spielfeld ab, nicht auf der Tribüne. Deine 20 Jahre Erfahrung, dein Netzwerk, deine Klarheit. Das ist dein unfairer Vorteil.

Die Frage ist nicht, ob du gut genug bist.

Die Frage ist: Wann hörst du auf zuzuschauen?

Du hast die Wahl: Weitere 48 Stunden zuschauen ODER in den nächsten 48 Stunden dein Leben verändern.

Tick, tock. Die Zeit läuft.